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Fische

Lucy ist achtundreißig Jahre und wollte ihren Freund Jamie weder heiraten noch Kinder mit ihm haben. Eine unerwartete dramatische Trennung führt sie in eine emotionale Totalkrise und urplötzlich steht sie gefühlt vor dem Abgrund. In ihrer Verzweiflung geht sie eigene seltsame Wege, dröhnt sich zu, sucht Hellseherinnen auf und der einzige Rettungsansatz scheint für sie zu sein, ihre Heimat Phoenix irgendwie zu verlassen. Dank ihrer Schwester Annika, die in Venice Beach lebt, kann sie dies in die Tat umsetzen und dort deren Haus und Hund hüten, als diese eine lange Reise macht. Vor Ort kann sie ihr Problem aber weder mit Tinder-Abenteuern noch dem Besuch der dortigen Liebes- und Sextherapiegruppe in den Griff bekommen und sich aus ihrem Wahn wieder befreien. Eines Abends trifft sie am Strand den wunderschönen Schwimmer Theo, in den sie sich prompt verliebt. Emotional in einem Hoch, ist es irgendwie für sie auch wieder leicht, an der seit Jahren noch zu schreibenden Dissertation über die Leerstellen in Sapphos Werk weiter zu arbeiten und alles scheint in eine neue, überaus glückliche und befriedigende Lebensphase zu führen. Als Lucy schließlich die Wahrheit über Theos Identität erfährt, kommt sie doch wieder ins Grübeln und muss sich einige Fragen aufs Neue stellen. Was bedeutet es zu lieben, was ist die wahre einzige Liebe? Wie weit muss man gehen, um die ewige Liebe zu finden und zu erfahren? Geht dies gar soweit, dass wir uns dafür sogar selbst aufgeben müssen?

Melissa Broder lebt in Los Angeles und ist Betreiberin des Twitter Accounts „So Sad Today“. Hier hat sie bereits eine halbe Million Follower verbucht. Daraus ist auch ein gleichnamiger Essayband entstanden. Ihre Tweets sind voller Wahrheit, ekelig und überaus zeitgemäß. Sie schreibt für die Zeitschrift „ELLE“, für Lena Dunhams „Lenny Letter“ ist sie Stammautorin. Ihr Romandebüt „Fische“ wurde von der amerikanischen Medien- und Literaturwelt heiß ersehnt.

Eva Bonné lebt als freie Übersetzerin in Berlin. Sie hat unter anderem schon Romane von Rachel Cusk und Sarah Perry ins Deutsche übertragen.

Wer hat nicht schon die unschönen Momente im Leben gehabt, wenn es zur Trennung kommt? Dieses Gefühlstrauma nimmt Mellisa Broder als Ausgangsbasis, um ihre Protagonistin Lucy in tiefgründigen, ernsten Themen auf eine Suche nach der obsessiven Liebe zu senden. Hier spinnt sie durch die immer noch ausstehende finale Dissertation über die Leerstellen der Sappho Werke, ein Geflecht aus Vergleichen der griechischen Mythologie, und Lucys Lebensrealität. Ebenso geht die Geschichte aber in die andere Richtung, als sie den Schwimmer und Meermann Theo kennen und lieben lernt. In 56 modern, herb zuweilen durchaus vulgär und eindeutig geschriebenen Kapiteln ist der Leser tief eingetaucht in das Auf und Ab einer Person, die von der psychischen Störung, Kindheitstrauma, Liebe, Sex und Abhängigkeit einfach alles durchlebt und manchmal selbst nicht mehr weiß, was real oder nur Fiktion ist. Daher wird das Werk auch nicht Jedermanns Sache sein.

"Fische" ist kein klassischer Liebesroman sondern die bewusste Auseinandersetzung mit all den Problemen, die Menschen auf der Suche nach der ewigen Liebe und dem „dauerhaften Schmetterling im Bauch-Gefühl“ haben. Ein Roman, den man entweder hasst oder von dem durchaus auch eine beeindruckende leidenschaftliche Aura ausgehen wird.
Für meine Begriffe eher ein Buch für eine junge und junggebliebene weibliche Leserschaft und dank der handlichen Buchgröße eine ideale Strand- oder Buslektüre für diesen Personenkreis.

Michael Müller