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The other Girl

Du kannst niemals ganz entkommen

Die zwei zwölfjährigen Mädchen Lois und Carly May werden entführt und über zwei Monate in einer entlegenen Jagdhütte gefangen gehalten. In dieser Zeit während der Sommermonate gehen die beiden, unter dem sie argwöhnisch betrachtenden Entführer, eine tiefe und sie immer mehr verbindende Freundschaft ein. Nach ihrer Befreiung verlieren die beiden sich aber aus den Augen.
Zwanzig Jahre später führt ein Roman, den Lois als inzwischen anerkannte Professorin für Literatur unter Pseudonym über ihre Entführung geschrieben hat, beide wieder zusammen. Carly May ist inzwischen eine Schauspielerin geworden, die in Hollywood um Filmrollen wie auch gegen den Alkohol kämpft. Als sie ein Drehbuch in die Hände bekommt, das genau ihre Geschichte erzählt, wird ihr, welch ein Zufall, die Rolle der darin vorkommenden Ermittlerin angeboten. Für sie ist klar, dass es sich bei der Autorin nur um Lois handeln kann, und deswegen möchte sie jetzt unbedingt mit ihr sprechen. Lois zu finden ist allerdings nicht leicht. Aber die Vergangenheit holt sie beide wieder ein.

Maggie Mitchel unterrichtet an der Universität von West Georgia englische Literatur und lebt auch dort mit ihrem Mann und ihren Katzen. In Literaturmagazinen hat sie bereits zahlreiche Kurzgeschichten veröffentlicht. Nun folgt mit „The other Girl“ ihr erster Roman.

Der Roman ist interessanterweise in vier Teile aufgeteilt und die einzelnen Sequenzen springen immer, in der “Ich Form“ erzählt, zwischen den zwei Hauptakteuren Lois und Carly May hin und her. Von der Story durchwegs mit einigen Höhen und mehr Tiefen ist das Ganze eher etwas langatmig und so recht will sich auch keine Spannung bzw. Beziehung zum Buch aufbauen. Die einzelnen Teile beschreiben die Lebensverläufe der beiden inzwischen erwachsenen Mädchen. Im zweiten Teil wird als Auszug des von Lois geschriebenen Buches in die gemeinsame Zeit in der Jagdhütte während ihrer zweimonatigen Entführung eingetaucht. Danach geht es wieder zum Leben der beiden Akteure zurück. Erst zum Schluss, als sie sich bei der anstehenden Verfilmung der Geschichte wieder näher sind, kommt ein wenig mehr Fahrt auf.

Leser, die sich an das schicksalhafte Leben zweier im Kindesalter entführter Frauen und die schrittweise Aufarbeitung ihres Traumas in Form eines Romans wagen möchten, werden hier fündig. Vom Thema her darf allerdings kein Thriller erwartet werden.

Michael Müller