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Edna bricht aus

Was waren das noch für Zeiten, in denen man nächtelang an einem Adventure am PC sitzen und verzweifeln konnte, weil es unendlich viele Möglichkeiten gab, in dem Spiel weiterzukommen. Es gab noch keine intelligenten Cursor, die, sobald man die Maus über einen Gegenstand rutschen ließ, anzeigten, was mit diesem Ding getan werden könnte. Es waren die Zeiten, als man sich noch mit Verben wie „nimm“, „benutze“ oder „sieh an“ beschäftigen musste. Wir reden hier von der Zeit weit vor Rechner-Boliden und Case-Modding, in einer Zeit, wo ein ganzes Spiel noch auf ein paar Disketten passte, wo die Sprachausgabe teilweise noch über den Computer-Lautsprecher krächzte, also von den 90er Jahren. Es war die Zeit der „Quest“-Serien, der Adventures einer Roberta Williams, den LucarArts-Adventuren wie „Day of the Tentacle“.
Und irgendwie hat es das Haus Daedelic gut gemeint, mit wehmütig an die alte Zeit zurück denkenden PC-Spielern. So kam es, dass „Edna bricht aus“ auf den Markt kam. Mit der guten alten fummeligen Bedienung, mit wunderschöner 2D-Comic-Grafik. Aber ein wenig moderner als damals ist es dennoch geworden: das Spiel belegt knapp 7 GB Speicherplatz auf der Festplatte und die Sprachausgabe erfolgt zeitgemäß über die Soundkarte.
Edna ist schon ein wenig durchgedreht-hyperaktiv und unterhält sich gerne mit ihrem Frottee-Hasen Harvey. Doch das ist nicht der Grund, wieso sie in der Psychiatrie gelandet ist. Dort ist sie nur, weil es der verrückte Dr. Marcel so wollte. Vielmehr möchte er so verhindern, dass die Wahrheit über seine Familie und Edna’s Vater nicht ans Tageslicht kommt. Um das alles aufzuklären, muss Edna einfach ausbrechen. Dazu klettert sie auf Dächer, unterhält sich mit Sicherheits-Leuten über Wasser und läßt sich von ihrem Hasen Harvey telemorphen, um sich an Dinge aus ihrer Vergangenheit zu erinnern.
„Edna bricht aus“ ist ein herrlich altmodisches Adventure, das nicht mit Rendergrafik sondern einer stimmigen, wenn auch recht durchgedrehten Geschichte aufwartet. Rabenschwarzen Humor satt, über 30 skurrile Charaktere und endlose abgedrehte Rätsel unterhalten den Spieler auf 120 spielbaren handgezeichneten Screens, was weit mehr als zehn Stunden Spielspaß garantiert. Nicht nur Adventure-Romantiker und Nostalgiker kommen bei diesem Spiel auf ihre Kosten, aber die werden es ganz sicher lieben. Die und alle anderen werden sich nach dem ersten Durchspielen von "Edna bricht aus" nach mehr dieser Spiele sehnen und so bleibt nur zu hoffen, dass „Edna bricht aus“ nur der Auftakt eines Revivals endlos guter Adventures ist.
Bitte mehr davon, viel mehr!

Pascal May
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