Artikeldienst Online

Die Verlegerin

Schon lange widmet sich der mit dem Bundesverdienstkreuz, dem Oscar und zahlreichen anderen internationalen Preisen ausgezeichnete Meister-Regisseur Steven Spielberg historischen Themen. Dabei schreckt er vor allem nicht vor politischen Themen zurück und arbeitet sie sehr genau und historisch korrekt auf. Sein neuester Film, "Die Verlegerin", führt seine Fans in die Medienwelt der frühen 1970er Jahre.

Washington D.C. im Jahre 1971.
Die USA führen schon länger Krieg in Vietnam, tausende amerikanische Soldaten wurden dabei getötet, unzählige Tote gab es auch auf vietnamesischer Seite. Der ehemalige Soldat der Marines Daniel Ellsberg recherchiert vor Ort für das Pentagon, nimmt auch selbst an Kämpfen teil und berichtet US-Verteidigungsminister Robert McNamara, dass der Krieg immer schlimmer wird. Der vertritt dennoch die alte Linie der USA, dass man den Krieg für eine bessere Welt gewinnen würde. Ellsberg will das Sterben junger Soldaten nicht mehr hinnehmen, und stiehlt geheim eingestufte Berichte aus dem Pentagon, insgesamt über 7.000 Seiten, um die der "New York Times" zur Auswertung zur Verfügung zu stellen. Nach drei Monaten der Auswertung berichtet das Blatt ausführlich darüber, wie die Regierungen unter den Präsidenten Eisenhower, Kennedy, Johnson und Nixon seit Jahren die Bevölkerung belügen, um diesen Krieg zu rechtfertigen.
Der "New York Times" wird eine weitere Berichterstattung verboten, sie darf vorübergehend überhaupt nicht erscheinen. So werden die sogenannten "Pentagon-Papiere" der Lokalzeitung "Washington Post" zugespielt. Verlegerin zu dieser Zeit ist Katharine „Kay“ Graham, die nach dem Selbstmord ihres Mannes die Geschäfte über die Zeitung übernommen hat und die Geschäfte mithilfe des komplett männlich besetzten Aufsichtsrats zu führen versucht. Sie tut sich aber schwer, ihre Rolle zu finden und sich gegen die Männer durchzusetzen.
Der Chefredakteur der "Washington Post", Ben Bradlee, sieht die große Chance für die Zeitung, die gerade an die Börse gegangen ist, um landesweit zu wachsen, und beharrt auf der schnellen Auswertung des zugespielten Materials und deren Veröffentlichung am nächsten Tag. Dazu bleiben einer Handvoll Redakteuren gerade einmal zehn Stunden, um sich durch die umfangreichen Berichte zu arbeiten und die Artikel zu schreiben. In dieser Zeit muss Graham entscheiden, ob sie sich gegen die Männerwelt und die Regierung stellen möchte oder ein Lokalblatt mit 25 fest angestellten Redakteuren führen möchte.

Der Film liegt auf BluRay in der deutschen, französischen (DTS-HD High Resolution Audio 7.1) und englischen (DTS-HD Master Audio 7.1) Sprachfassung vor. An Bonus-Material finden sich auf der blauen Scheibe die Featurettes "Layout: Katharine Graham, Ben Bradlee & 'The Washington Post'", "Zusatzmaterial: Besetzung und Personen in 'Die Verlegerin'", "Die Style-Abteilung: Eine Ära wieder aufleben lassen", "Das Anhalten der Pressen: Filmstart von 'Die Verlegerin'" sowie "Kunst und Kultur: Musik in 'Die Verlegerin'".

Wenn Spielberg ruft, ist es gar keine Frage, dass sich das who-is-who Hollywoods versammelt, und so übernimmt Oscar-Preisträger Tom Hanks zum fünften Mal eine Hauptrolle in einem Film des Meisterregisseurs. Zum ersten Mal spielt die dreifache Oscar-Preisträgerin Meryl Streep in einem Spielberg-Film, und zum ersten Mal an Hanks' Seite. Doch auch die Nebenrollen sind hochkarätig besetzt, darunter mit Alison Brie, Carrie Coon, Bob Odenkirk, Sarah Paulson, Jesse Plemons und Bruce Greenwood.

Die Musik komponiert hat, einmal mehr, John Williams, der nun schon seit 44 Jahren Filmmusik für Spielberg-Filme schreibt, wie er in einem der Specials verrät. "Die Verlegerin" ist ihre 28. Zusammenarbeit.

Steven Spielberg hat mit "Die Verlegerin" ganz klar ein weiteres Meisterwerk geschaffen, das ein hochbrisantes Thema beleuchtet und zeigt, dass es an seiner Brisanz und Aktualität selbst 47 Jahre nach den Geschehnissen nichts eingebüßt hat. Der damalige Präsident Richard Nixon mochte die Medien nicht und erklärte die "Washington Post" zum Feind, nachdem sie die "Pentagon-Papiere" öffentlich gemacht hatte. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass er ausgerechnet wegen neuer Recherchen im Rahmen um einen Einbruch in das "Watergate Hotel" der "Post", wie sie gerne genannt wird, 1974 zurücktreten musste.
So ist auch heutzutage der Hass eines US-Präsidenten auf die unliebsamen Medien, oder "Fake News", wie er sie gerne nennt, präsent, und wieder geht es immer wieder um die "New York Times" und die "Washington Post". Letztere ist längst keine Lokalzeitung mehr sondern neben der "Times" die wichtigste landesweite Zeitung der USA.

Doch es geht nicht nur um die politisch brisanten Themen der Berichterstattung über unliebsame und gerne im Verborgenen gehaltenen Geschäfte der Regierung sowie um die Freiheit der Presse, wie sie in der US-Verfassung garantiert wird. Es geht in "Die Verlegerin" auch um die Rolle der Frau in einer meist männlich dominierten (Arbeits-)Welt, und auch dieses Thema hat in den vergangenen Jahrzehnten nicht an Brisanz verloren, im Gegenteil.

So ist "Die Verlegerin" ein überaus spannendes Lehrstück vor allem darüber, dass und wie sich Geschichte ständig wiederholt, aber auch, wie Themen eine Gesellschaft einholen können, wenn sie nicht geklärt wurden.

Bestens gelungen ist den Drehbuchautoren wie auch den Ausstattern, das Flair der frühen 1970er Jahre für den Film einzufangen, sei es durch dauerrauchende Journalisten, klackenrde mechanische Schreibmaschinen, Setzmaschinen, mit deren Hilfe man die Druckplatten erst zusammenstellen musste und Fotokopierer noch Ausmaße eines ganzen Zimmers hatten. In der man sich regelmäßig zum Dinner getroffen hat und sich Frauen ausschließlich über Frauenthemen zu unterhalten hatten, Journalisten drei Tage Zeit hatte, um ein Thema schnell aufzubereiten, und man zum Telefonieren von unterwegs noch Kleingeld haben und eine Telefonzelle finden musste.

Um diesen Film rundum genießen zu können, sollte man schon ein Faible für politische Themen und Medienarbeit mitbringen. Ist beides vorhanden, kann man bedenkenlos bei "Die Verlegerin" zugreifen. Wer danach noch nicht von "Washington Post" und Polit-Skandalen genug hat, kann nahtlos zu "Die Unbestechlichen" greifen, um den Skandal um "Watergate" genauer beleuchtet zu bekommen. Einen Hinweis darauf gibt Spielberg in der letzten Szene seines Films.

Pascal May
Weitere interessante Artikel