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Fremder Freund

Der 22jährige Yunes (Navid Akhavan) kommt aus Jemen, studiert in Berlin Verfahrenstechnik und führt ein ganz normales Leben. Eines Tages tritt Chris (Antonio Wannek), ebenfalls Student, in sein Leben – Yunes zieht zu Chris in die Wohngemeinschaft.
Nachdem sich die beiden einander eher vorsichtig genähert haben – schließlich treffen zwei völlig unterschiedliche Kulturen aufeinander – werden sie die besten Freunde. Scheinbar gibt es nichts, was sie trennen könnte; selbst Yunes’ bittere Erfahrung mit seiner großen Liebe Nora (Mavie Hörbiger) stehen die beiden Freunde gemeinsam durch. Doch jäh findet das Bilderbuch-Dasein der Freundschaft sein vorläufiges Ende: Eines Tages kehrt Chris nebst Freundin Julia (Mina Tander) aus dem Urlaub zurück. Yunes hat sich während ihrer Abwesenheit verändert, sehr verändert. Er trägt plötzlich Vollbart, betet häufig und versucht ständig, seine Mitmenschen von seinen radikalen religiösen und politischen Ansichten zu überzeugen. Das alles macht Chris zu schaffen und er sieht die Freundschaft in Gefahr – bis sich Yunes wieder bessert und die fundamentalistischen Ansichten nebst Vollbart verschwinden lässt.
Anfang September 2001 ist Yunes plötzlich wie vom Erdboden verschluckt, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Niemand weiss, wo er geblieben ist. Am 11. September hält die Welt den Atem an, als die USA Ziel von furchtbaren Terroranschlägen werden. Yune’s Freunde wissen zwar nicht, wo er steckt – doch ihnen drängt sich ein schrecklicher Verdacht auf, der ihnen das Leben zur Hölle macht...
Mit dem Drama „Fremder Freund“ bringt Regisseur Elmar Fischer einen anspruchsvollen Streifen in die deutschen Kinos, der sich eindringlich mit Freundschaft, Vertrauen, Angst und Ungewissheit auseinandersetzt. Die zweifelsohne spannende Geschichte wird nicht linear erzählt, sondern verwirrt durch viele Zeitsprünge im Geschehen – das ist nicht jedermanns Sache und findet wenig Zuspruch bei den meisten Zuschauern. Der Film ist nicht nur deshalb sehr anstrengend zu verfolgen, auch die durchaus gewöhnungsbedürftig frei geführte Kamera und die zu selten vorkommende Musik lassen wenig Freude beim Publikum aufkommen. Diesen deutlichen Mängeln stehen die fantastische Story und die beeindruckenden Leistungen der jungen Darstellerinnen und Darsteller (vor allem Navid Akhavan) gegenüber.
Insgesamt ist „Fremder Freund“ nichts für den lockeren Kinobesuch zwischendurch, eher etwas für Genießer des modernen Films – bei diesem Streifen spielt der Faktor „Geschmackssache“ die Hauptrolle.

Alex W. Würth