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Schmetterling und Taucherglocke

Es geht ihm gut, er hat viel erreicht und er ist jung genug, um seinen Erfolg auszukosten. Gerade mal 42 Jahre alt ist er, als ihn ein Schlaganfall aus seinem gewohnten Leben reißt. Und die Diagnose ist vernichtend: der Mann, der eben noch als Chefredakteur der Zeitschrift „ELLE“ das Leben in vollen Zügen genossen hat, ist komplett gelähmt und kann nicht sprechen. Als einzige Möglichkeit der Verständigung bleibt ihm sein linkes Auge, mit dem er noch blinzeln kann.
Die Umsetzung einer erfundenen Geschichte? Keinesfalls. In „Schmetterling und Taucherglocke“ wurde das Leben, oder das, was davon übrig ist, des französischen Journalisten Jean-Dominique Bauby, genannt Jean-Do, verfilmt. Grundlage für den Film waren die Memoiren des Journalisten, die er zwinkernd Buchstaben für Buchstaben diktiert hat. Dabei erzählt er nicht nur von seinem Leben, das er auf der Überholspur geführt hat, er lässt alle an seinen Gedanken teil haben. Die Figur des Jean-Do wird brillant gespielt von Mathieu Amalric, der gerade den Bösewicht im neuen James Bond-Film „Quantum of Solace“ darstellt.
Der Film, der beim Filmfestival in Cannes mit dem Regie-Preis ausgezeichnet wurde, für vier Oscars nominiert war und zwei Golden Globes erhalten hat, besticht nicht nur durch die beklemmende Geschichte, auch die exzellente und teilweise recht ungewöhnliche Kameraführung entführt den Zuschauer in die ganz eigene Welt des Protagonisten Jean-Do. Reichlich Handkamera zeigt den direkten Blick des Hauptdarstellers, den man erst im Verlauf des Films zu sehen bekommt. Besonders beeindruckend und erschreckend zugleich ist die Kameraführung, als Jean-Do das rechte Auge zugenäht wird, damit es sich nicht infiziert. Die DVD bietet den Film in der deutschen (Dolby Digital 5.1 und dts) wie auch in der französischen Originalfassung (Dolby Digital 5.1), dazu gibt es rund 50 Minuten Extras wie ein Making Of, Interview und Audio-Kommentar des Regisseurs, Trailer und Erklärungen zur Kameravision des Janusz Kaminski.
So beklemmend der Film „Schmetterling und Taucherglocke“ insgesamt ist, so wichtig und bedeutend ist er auch. Diesen Film sollte jeder mindestens einmal gesehen haben, um sich zu vergegenwärtigen, wie schnell das gewohnte Leben vorüber sein kann, aber auch um festzustellen, wie viel Leben bleibt, wenn man lieben kann und geliebt wird. Ein sensationeller Film, dessen Entstehung der echte Jean-Do nicht mehr erleben konnte: er starb nur neun Tage nach Veröffentlichung seiner Memoiren.

Pascal May