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Spotlight

Die Berichterstattung über den sexuellen Missbrauch von Kindern durch pädophile katholische Priester hat zur Jahrtausendwende die Welt erschüttert. Die Aufarbeitung durch die Kirche bei all diesen Fällen lief alles andere als transparent, in vielen Fällen entschied sich die Kirche lediglich für eine Versetzung des Priesters und hüllte den Mantel des Schweigens über Details. Doch gerade in diesem Bereich hat es viele öffentliche Recherchen gegeben. Die Journalisten des investigativ arbeitenden Ressorts "Spotlight" der US-Tageszeitung "The Boston Globe" erhielt für ihre Arbeit sogar den renomierten Pulitzer-Preis für Dienste an der Öffentlichkeit.

Der neue Chefredakteur Marty Baron tritt im Jahre 2001 seinen Posten beim "Boston Globe" an, nachdem er zuvor in Miami gearbeitet hat. In einer Kolumne seines neuen Blattes liest er über einen pädophilen Priester, von dessen Fall der Erzbischof von Boston wusste, aber nichts dagegen unternommen hat. Er beauftragt das investigativ arbeitende vierköpfige Ressort "Spotlight" mit der Recherche in diesem Fall. Je weiter die Recherche voran kommt, umso mehr wird das Ausmaß der systematischen Vertuschung und der Verzahnung mit der lokalen Politik und Justiz deutlich. Die Journlaisten finden heraus, dass die Kirche das Schweigen der Opfer erkauft hat, dass sie Unterlagen hat verschwinden oder in Archiven für die Allgemeinheit hat sperren lassen und somit Gerichtsverhandlungen unmöglich machte. Bei der weiteren Faktensuche stoßen die vier Journalisten immer wieder an ihre Grenzen, wenn ihre Quellen mit dem Hinweis, es gehe schließlich um die Kirche, keine Informationen heraus geben.
Über einen ehemaligen Priester, der nun in wilder Ehe mit einer Nonne lebt, bekommen sie den Hinweis, dass statistisch sechs Prozent der Priester pädophile Neigungen hätten, was für den Bereich Boston allein schon insgesamt 90 Priester wären. Können es wirklich so viele sein? Die Recherche gleicht einem Kampf gegen Windmühlen.

Der Oscar-prämierte Film liegt auf DVD in der deutschen und der englischen Sprachfassung (Dolby Digital 5.1) vor. An Extras finden sich drei Specials, die weitere Hintergründe der langwierigen Recherchen aufzeigen, unter anderem mit dem echten "Spotlight"-Team, das 2003 für seine Arbeit ausgezeichnet wurde.

Die Besetzung ist mit Michael Keaton, Mark Ruffalo, Rachel McAdams, Liev Schreiber, John Slattery und Stanley Tucci in den großen Rollen sehr hochkarätig besetzt. Regie führte Tom McCarthy, der auch das Drehbuch mit geschrieben hatte und dafür mit dem Oscar ausgezeichnet wurde.

Das Drehbuch für "Spotlight", das auf wahren Begebenheiten basiert, war bereits 2013 fertig, verfilmt wurde es aber erst im Folgejahr. Premiere hatte das Film-Drama dann schließlich im vergangenen Jahr bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig, wo es für erstes Aufsehen sorgte.

Hier wird einmal mehr die sogenannte "vierte Gewalt" im Staat, die Presse, dargestellt, was sie kann, wenn sie ihre Aufgaben und ihre Informationspflicht ernst nimmt. Es geht um ethische Grundsätze, die ein kleines Team von Investigativ-Journalisten in dieser schnelllebigen Zeit lebt. Es geht weiter um die Macht der Kirche und um stellenweise falsche Sichtweisen in dieser weltweit operierenden Institution. Es geht um den Versuch einer Jahrzehnte lange währenden Vertuschung von Missbrauch in der Kirche, ohne eine Enthüllung auf Kosten der Opfer zu feiern. Es geht um herausragende Arbeit bei der Offenlegung von Missständen, ohne dabei zu verteufeln oder an der Kirche Rache zu üben. Es geht um falsch verstandene Rücksicht auf eine riesige Institution und deren Einfluss in der Gesellschaft. Es geht um das Dilemma, entweder bei der Recherche zu helfen und sich als gläubiger Christ gegen die Kirche zu stellen oder mitzuhelfen, alles zu vertuschen.

An einer Stelle im Film fragt der Anwalt Mitchell Garabedian den Journalisten Michael Rezendes: "Die Kirche denkt in Jahrhunderten. Hat Ihre Zeitung die Kapazitäten dafür, das durchzuhalten?", was den riesigen Gegner des "Boston Globe" definiert oder wie es ein Opfer ausdrückt: "Du sagst nicht 'Nein' zu Gott!".

"Spotlight" hat in diesem Jahr den Oscar für den besten Film erhalten und er hat ihn sicherlich auch verdient, auch wenn jeder mit dem grunzenden Leonardo DiCaprio und seinem "The Revenant - Der Rückkehrer" als Siegerfilm gerechnet hatte. Ganz sicher ist "Spotlight" ein großartig gemachter und wichtiger Film, wie er gerade im Hinblick auf die Aufarbeitung dieses sensiblen Themas notwendig war. Dabei heraus gekommen ist ein Film, der lange nachwirkt und seine Zuschauer, darunter auch zahlreiche katholische Priester, nachdenklich und teilweise fassungslos zurück lässt, und den man allein schon aufgrund seiner Thematik und der sensiblen Aufarbeitung gesehen haben sollte.
Selbst "Radio Vatikan", offizielles Sprachrohr der Katholischen Kirche, sieht "Spotlight" als "ehrlich" und "dringend", was als größtes Lob angesehen werden kann.

Ein investigativer Polit-Thriller in Reinform, spannende, packende und aufwühlende Unterhaltung auf höchstem Niveau!

Pascal May