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The Wolf Of Wall Street

Dass Leonardo DiCaprio längst zu den besten Schauspielern der Welt zählt, dürfte unbestritten sein. Doch der ganz große preisgekrönte Durchbruch ist ihm bisher verwehrt geblieben, denn dazu hängt ihm noch zu sehr die Rolle des Jack Dawson aus dem erfolgreichsten Film aller Zeiten, "Titanic", nach. Zu Unrecht, denn in seinen jüngsten Rollen, darunter in "J. Edgar", "Der große Gatsby" oder "Django Unchained", durfte er die gesamte Bandbreite seines Könnens zeigen. So auch in "The Wolf Of Wall Street", der auf der wahren Geschichte des amerikanischen Brokers Jordan Belfort basiert, für dessen Hauptrolle DiCaprio eine Oscar-Nominierung erhalten hat. Dass der Oscar dann letztendlich an Matthew McConaughey ging, und damit einen der Nebendarsteller aus diesem Film, soll hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden.

In den 1980er Jahren schien alles möglich zu sein, vor allem in den USA. Wie zuvor in Filmen wie "Wall Street" dargestellt, war vor allem im Finanzbereich in kürzester Zeit jede Menge Geld zu machen, legal, vor allem aber nicht so ganz legal. Eifrig mitgemischt hat dabei Jordan Belfort, der im Traditions-Bankhaus Rothschild das Handwerk eines Brokers gelernt hat. Nach dem "Schwarzen Montag", dem größten Börsencrash seit 1929, verliert Belfort seinen Job. New York wird überflutet von arbeitslosen Brokern, und so orientiert sich auch Belfort etwas außerhalb der Geld-Metropole, und handelt fortan mit sogenannten "Penny-Stocks", Aktien, die nur wenige Cent wert und deswegen bei Arbeitern und Angestellten sehr beliebt sind, und beim Verkauf dem Broker rund 50% an Provisionen versprechen. Belfort macht sich bald selbständig und seine Investment-Firma wächst jedes Jahr beträchtlich, ständig muss er mit seiner Firma in neue und vor allem größere Büro-Räume umziehen, um all seine Angestellten, die wie Jünger ihrem Messias folgen, unterbringen zu können. Gleichzeitig wächst sein Vermögen auf ungeheure Summen an, und so arbeitet er nicht nur hart für sein Geld, er feiert mindestens ebenso hart obszöne Parties mit seinen Mitarbeitern. Da werden im Büro kleinwüchsige Menschen auf Zielscheiben geworfen, pfundweise Kokain konsumiert, das mit Medikamenten jeder Art und reichlich Alkohol kombiniert wird, und ein Vermögen für Stripper und Prostituierte ausgegeben. Ein Leben im totalen Rausch beginnt, Belfort gibt sein Geld mit beiden Händen aus und leistet sich ein überdimensioniertes Statussymbol nach dem anderen. Doch bald ermittelt neben der Börsenaufsicht auch das FBI gegen den neureichen Jung-Unternehmer. In all dem Stress greift er zu immer mehr und immer härteren Drogen, die sein Urteilsvermögen fast vollständig lahm legen und ihm einen realistischen Blick auf seinen Alltag verwehren; sein Absturz ist vorprogrammiert. Mit windigen Ideen versucht er, sein Geld zu retten, so gut es eben geht.

"The Wolf Of Wall Street" liegt auf der DVD in der deutschen, spanischen und englischen Sprachfassung (Dolby Digital 5.1) vor. An Bonus-Material findet sich auf der Scheibe überhaupt nichts.

Regisseur Martin Scorcese, der "The Wolf Of Wall Street" nicht nur inszeniert sondern auch zusammen mit Leonardo DiCaprio produziert hat, holt in seiner Erzählweise sehr weit aus, kein Detail ist ihm zu klein, um es nicht breit zu präsentieren. Er wollte keinen Börsen-Film, wie es schon genügend andere gibt, drehen, vielmehr wollte er das Leben und die Zerrissenheit von Jordan Belfort aufzeigen, seinen kometenhaften Aufstieg und seinen ebenso schnellen und harten Absturz. Minutenlange Szenen von ausschweifenden Sex- und Drogen-Exzessen, epischer Drogenkonsum und die Darstellung ihrer Wirkungen, viel zu lange Dialoge und Ansprachen Belforts an seine Mitarbeiter zeigen zwar im Detail das Leben eines Wahnsinnigen auf, lähmen aber den Erzählfluss so sehr, dass sich der Film über seine Gesamtlänge von knapp drei Stunden so sehr zieht, dass der Zuschauer Überblick und Lust verliert, weiter an der Handlung teilhaben zu wollen. Etwas mehr Geschwindigkeit im Erzählen und eine Kürzung des Film hätte dem Streifen gut getan.

So bleibt am Ende ein Leonardo DiCaprio, der in seiner Darstellung des Jordan Belfort bis an seine Grenzen geht und die gesamte Palette seines schauspielerischen Könnens präsentiert, bleibt dabei aber in der aufwändigen Erzählung stecken. Geduldige Biopic-Fans und Anhänger des amerikanischen Ausnahme-Schauspielers werden den Film mögen, anderen sei geraten, die knapp drei Stunden anders zu investieren.

Pascal May