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Vorwärts immer!

Selbst im Jahr 28 der deutschen Einheit ist das Interesse groß, die Ereignisse, aber auch die möglichen Geschehnisse von damals filmisch darzustellen. Das geschieht in unterschiedlichen Ausprägungen und Genres. Neuester Vertreter aus der Komödien-Sparte ist "Vorwärts immer!", Kampfruf des letzten Staatsratsvorsitzenden, der nun für das Heimkino bereit liegt.

Ost-Berlin. Der berühmte Schauspieler Otto Wolf probt für ein geheimes Theaterstück, in dem er den Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker spielen soll, der nach einem Traum seine Vision für eine neue DDR verkündet. Gleichzeitig macht sich seine Tochter auf nach Leipzig, um dort gefälschte Papiere in Empfang zu nehmen, um in die Bundesrepublik ausreisen zu können. Sie begleitet dabei einen Journalisten, der für das West-Fernsehen arbeitet, um von den Montags-Demonstrationen zu berichten, dazu drängt sich den beiden noch ihr Freund auf, von dem sie schwanger ist. Als Otto erfährt, dass die Staatsführung plant, hart gegen die Demonstranten in Leipzig vorzugehen, gibt es nur noch einen Weg, den Schießbefehl aufzuheben: Otto muss als Erich Honecker, der sich gerade auf der Jagd in Wandlitz aufhält, im Zentralkommitee den Schießbefehl zurück nehmen! Doch dort trifft er ausgerechnet auf Honeckers Frau Margot. Nun wird es für alle Beteiligten schwierig.

Der Film liegt auf BluRay in der deutschen Sprachfassung (DTS-HD Master Audio 5.1) vor. Extras sucht man auf der blauen Scheibe vergeblich.

Trotz Auszeichnungen mit dem Bayerischen Filmpreis für Hauptdarsteller Jörg Schüttauf und Regisseurin Franziska Meletzky, "Vorwärts immer!" überzeugt nicht, und es wird den ganzen Film hindurch nicht klar, was der Film will. Weder als Zeitdokument, schon gar nicht als Komödie funktioniert er. Da hilft es auch nicht, dass weitere Rollen mit den hervorragenden Darstellern Josefine Preuß, Alexander Schubert und David Striesow besetzt wurden.

Hier kann man nie sicher sein, ob eine Klamotte, eine Komödie oder eine Dokumentation produziert werden sollte, denn immer wieder finden sich Originalaufnahmen aus Ost- und Westfernsehen in dem Film. Ebenso sind Darstellungen an reale Fakten angelehnt, zum Beispiel die des Journalisten, der vor der Staatssicherheit auf ein Dach flüchtet. Man hat durchgehend das Gefühl, dass die Filmemacher zu viel in den Film packen wollten, vor allem jede Menge Ostalgie, und sich letztlich nicht entscheiden konnten, wohin die Reise gehen sollte. Da hilft es auch nichts, dass die Masse der Darsteller in der DDR oder zumindest in Berlin geboren und/oder aufgewachsen ist. Dazu wurde kein Klischee ausgespart, seien es grenzbegabte Volkspolizisten oder denkbefreite Mitarbeiter der Staatssicherheit.

Letztendlich bleibt die Handlung flach, die Darstellung oberflächlich, wenn auch hier und da mit Fakten gespickt, von Komödie und Witz sollte hier auf keinen Fall geredet werden.
Herausgekommen ist ein unlustiges Irgendwas, das eher an improvisiertes Schülertheater erinnert, das nervt, sich nicht fassen und schon gar nicht erfassen lässt, das aber höchstens die Jugend unterhalten kann, die noch nie etwas von der DDR oder Erich Honecker gehört hat. Alle anderen sollten lieber zur einzigen gelungenen Komödie zum Mauerfall greifen, zum mehrfach preisgekrönten "Good Bye, Lenin".

Pascal May