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Werk ohne Autor

Mit gerade einmal 34 Jahren hatte Florian Henckel von Donnersmarck seinen ersten Oscar gewonnen, damals für sein Erstlingswerk "Das Leben der Anderen", gleichzeitig sein Abschlussfilm an der Filmhochschule. Daneben hat er noch zahlreiche andere nationale und internationale Preise für diesen Film bekommen. Nun hat er es mit seinem neuen Film "Werk ohne Autor" erneut geschafft, für den Auslands-Oscar nominiert zu werden, ging aber dieses Mal leer aus. Jetzt liegt sein neuester Streifen für das Heimkino auf BluRay und DVD vor.

Der fünfjährige Kurt liebt seine Tante Elisabeth abgöttisch. Sie nimmt ihn mit auf Ausflüge, einmal auch in die Ausstellung "Entartete Kunst" in Dresden. Kurze Zeit später muss er mit ansehen, wie seine geliebte Tante von Nazis abgeführt wird, später auch zwangssterilisiert und ermordet. Veranlasst wird das alles von Professor Carl Seeband. Bevor Tante Elisabeth weggeschafft wird, gibt sie dem kleinen Kurt ihre Maxime mit, niemals wegzusehen.
Nach dem Krieg arbeitet Kurt zunächst in einer Fabrik für Schilder- und Bannermalerei und beginnt danach an der Kunstakademie Dresden ein Studium der Malerei. Gleichzeitig lernt er die junge Ellie kennen, die Mode- und Textilgestaltung studiert, und verliebt sich in sie. Ihr Vater ist Professor Seeband, der nach dem Krieg der Strafverfolgung entgangen ist und nun wieder als Arzt arbeitet. Kurt ist ihm als Schwiegersohn nicht gut genug, und dennoch heiraten Kurt und Ellie. 1961 geht das frisch vermählte Paar nach West-Berlin, wo Kurt in eine Schaffenskrise gerät, bis er seinen eigenen Stil entdeckt hat, den er der versammelten Presse erläutert.

Der Film liegt lediglich in der deutschen Sprachfassung (DTS-HD MA 5.1) vor. An Extras finden sich auf der blauen Scheibe die beiden jeweils zweiminütigen Featurettes "Die Story" und "Die Musik".

Bei über drei Stunden Länge könnte man allerhand Stoff verarbeiten, doch von Donnersmarck inszeniert seinen Film derart unaufgeregt, dass jeder kreative Schritt des jungen Künstlers im Detail begleitet wird. Überraschender Weise kommen dadurch kaum Längen auf, was vor allem an der herausragenden Besetzung liegt. Die Rolle des Karl übernimmt Tom Schilling, der endlich einmal wirklich spielt und nicht einfach nur er selbst ist. Carl wird dargestellt von Sebastian Koch, einem der wenigen deutschen Schauspieler mit Weltruf. Dessen Tochter Ellie wird von Paula Beer gespielt.
Selbst die Nebenrollen sind mit Lars Eidinger, Saskia Rosendahl, Ben Becker, Johanna Gastdorf, Hanno Koffler, Jeanette Hain und Jörg Schüttauf sehr prominent besetzt.

Die Musik von Max Richter entwickelt im Film eine ganz eigene Dynamik, und so treiben die basslastigen Klänge gerne die Handlung vor sich her, dass es eine Freude ist, beides zu einem kreativen Werk verschmelzen zu sehen.

Die Geschichte von "Werk ohne Autor" orientiert sich hauptsächlich am Leben des realen deutschen Künstlers Gerhard Richter. Nach Fertigstellung des Films hat der sich aber ausdrücklich vom Film distanziert. Auch sind weitere Rollen aus dem Film an realen Personen angelehnt, unter anderem Joseph Beuys oder Günther Uecker.

Wer bei "Werk ohne Autor" nun einen Film mit besonderem Knall erwartet hat, wird enttäuscht sein. Eine ausgefeilte Geschichte, die sich über drei Jahrzehnte erstreckt, mit wunderschönen Bildern (auch Kameramann Caleb Deschanel war für einen Oscar nominiert) bietet dieser überlange Film auf jeden Fall. Kein must-see, aber immerhin ein should-see.

Pascal May
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