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Whiskey Tango Foxtrot

Filme über die Realität in Kriegsgebieten stehen in der Beliebtheitsskale der Kinogänger nicht wirklich an oberster Stelle. Handelt es sich gar um Komödien, die im Umfeld eines bewaffneten Konflikts stehen, wird das Eis schon sehr dünn. Die beiden Regisseur Glenn Ficarra und John Requa haben sich getraut, und aus "Whiskey Tango Foxtrot" einen bemerkenswerten Film gemacht, der nun auf DVD und BluRay vorliegt.

Kim Barker lebt in New York und ist mit ihrem bisherigen Job als Journalistin beim Kabelsender "TV-News" unzufrieden, ihre Partnerschaft läuft auch sehr auf Sparflamme, ein Liebesleben findet daher kaum statt. Als 2002 Kriegsberichterstatter gesucht werden, die für den TV-Nachrichtensender von der Operation "Enduring Freedom" aus Afghanistan berichten, werden alle Singles der Redaktion versammelt, und aus einer Laune heraus meldet sich Kim freiwillig. Zunächst ist ein dreimonatiger Aufenthalt in dem fernen Land geplant, bei dem sie die US-Soldaten als "embedded journalist" begleiten soll, obwohl sie keine Ahnung, worauf sie sich überhaupt einlässt. Das fängt schon damit an, dass sie die Soldaten auf eine Mission begleiten soll, und Kim dafür einen auffälligen signal-orangenen Rucksack mit sich führt. Entgegen aller Erwartungen lernt sie schnell, sich auch in brenzligen Situationen richtig zu verhalten und ihre Berichterstattung, ein ausgewogener Mix aus Kämpfen und Wiederaufbau, wird immer besser. Sie freundet sich mit einigen der Marines an, wird mit der Zeit auch von deren General akzeptiert, verschafft sich Respekt bei afghanischen Behördenleitern und freundet sich mit anderen Journalisten an, darunter mit der der australischen Korrespondentin Tanya Vanderpoel und dem schottischen Fotografen Iain MacKelpie. Letzten Endes werden aus drei Monaten mehrere Jahre, die Kim in Afghanistan verbringt, in denen sie sogar das ihr vormals sehr fremde Land zu lieben lernt.

Der Film liegt auf DVD in der deutschen, englischen und italienischen Sprachfassung vor. An Extras gibt es geschnittene und erweiterte Szenen wie auch ein Making Of.

Tina Fey, die Meisterin des brachialen Humors, den sie regelmäßig in zahlreichen Filmen, ihrer eigenen TV-Serie "30 Rock" und jede Woche als Teil der Truppe von "Saturday Night Live" auslebt, bleibt für ihre Verhältnisse in "Whiskey Tango Foxtrot" recht ernst und liefert eine bemerkenswerte schauspielerische Leistung ab, die man ob des Filmtitels und in Kenntnis ihrer vorhergehenden Arbeit kaum vermuten würde. Das mag unter anderen daran liegen, dass hier die sehr realen Erlebnisse der echten Journalistin Kim Barker verfilmt wurden, die sie in ihrer Autobiografie „The Taliban Shuffle: Strange Days In Afghanistan And Pakistan“ aufgeschrieben hat. Humor findet man dennoch in dieser eher ernsten, teilweise auch absurden Geschichte, doch eher pointiert, was dem Film gut tut.

Die Nebenrollen in diesem von Tina Fey und Lorne Michaels, der "Saturday Night Live" 1977 ersonnen hat und die regelmäßig ausgezeichnete Serie bis heute produziert, sind mit Martin Freeman, Alfred Molina, Billy Bob Thornton und Margot Robbie hochkarätig besetzt. Star des Films bleibt aber zu jeder Zeit Tina Fey.

Titel und Cover zum Film führen etwas in die Irre, da man nicht absehen kann, was einen mit diesem Film erwarten könnte. Dies könnte ein Grund sein, wieso der Streifen nicht einmal seine Produktionskosten in Höhe von 35 Millionen Dollar einspielen konnte. Wer sich mit den vorhergehenden Produktionen von Tina Fey bestens amüsiert hat und daher einen komischen Film zum Ablachen erwartet, wird von "Whiskey Tango Foxtrot" enttäuscht sein, da hier die dramatische Erzählung im Vordergrund steht, bei der es ab und zu etwas zum Schmunzeln gibt. Dieser Film ist von einer Komödie weit entfernt, auch wenn er verwirrend komisch beginnt. Es braucht seine Zeit, um diesen Film nachvollziehen zu können, da er sich in der ersten halben Stunde zunächst selbst finden muss. Wer aber am Thema der Kriegsberichterstattung interessiert ist und auch nicht vor ungeschönten Kämpfen zurück schreckt, wird letzten Endes mit einem sehr gut gemachten und ernsthaft erzählten Film belohnt, der durchaus einige Überraschungen mit sich bringt.

In "Whiskey Tango Foxtrot" beweist Tina Fey, dass sie eine ernstzunehmende Schauspielerin ist, die weit mehr als Brachial-Humor drauf hat, wenn man sie lässt.
Dieser Film ist nicht jedermanns Sache, und eignet sich auch nur sehr bedingt zum lauschigen Filmabend bei Chips und Popcorn. Wer keinen Film zum totalen Ablachen erwartet und auch ernsthaften Themen gegenüber offen ist, wird seine Freude an diesem Film haben. Alle anderen sollten die Finger davon lassen!

Pascal May
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