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ENIGMA - The Screen Behind The Mirror

Michael Cretu, das musikalische Wunderkind, hat wieder zugeschlagen.
Wer? Nun, das ist Cretu's größtes Problem. Schreibt oder produziert er für andere oder unter anderem Namen, verkaufen sich seine Alben rasend schnell. Steht sein Name drauf, bleiben die Scheiben wie Blei in den Regalen liegen.
Er war es, der in den 80er Jahren dem Stimmchen Sandra mit dem weltweiten Hit "Maria Magdalena" die Weltkarriere ebnete. Selbst hatte es Michael Cretu immer wieder versucht, zuzletzt zu Zeiten der Neuen Deutschen Welle, doch selbst von seinem "Samurai" konnten nur wenige Einheiten verkauft werden, auch wenn die Kritiker lobende Worte für sein Werk finden konnten.
1990 holte er zu einem ultimativen Schlag aus: ENIGMA war geboren und beherrschte wochenlang die Single- und LP-Charts rund um den Erdball - und kaum einer wußte, daß Michael Cretu mit seiner Sandra dahinter steckten.
Jahre später kam eine neue ENIGMA-Platte auf den Markt, und alle waren sehr gespannt, ob sich der gigantische Erfolg der ersten Platte wiederholen ließ. Diese Platte wurde ob eines riesigen Marketings und schöner Videos nur ein mäßiger Erfolg, und wieder verkroch sich das Musik-Genie in sein Studio seiner Villa auf Ibiza.
Nun sind er und ENIGMA wieder am Start, um ihre neueste Platte "The Screen Behind The Mirror" zu präsentieren. Der Werbe-Aufwand ist wieder riesig, die Fans warten gebannt auf den Auftritt des Meisters. Und dieses Mal wird es sich einmal mehr lohnen, die Stunden bis zum Erscheinen seines Albums zu zählen.
Sehr experimentierfreudig zeigt sich Cretu, in dem er Carl Orff's "Carmina Burana" wie einen roten Faden durch sein Album zieht, teilweise abgerundet durch die "Toccata" von Bach. Kein anderer hätte es schaffen können, diesen choralen Sound so geschickt zu einer Hymne des neuen Millenniums werden zu lassen. Voller Überraschungen steckt die CD, deren Single-Auskopplung "Gravity Of Love" nur ein winziger Vorgeschmack auf die gesamte Platte darstellt. Jeder Titel macht noch neugieriger auf das, was noch kommt.
Starke, durchgängige Beats, kreischende Riffs der Gitarren, ungewöhnliche Synthesizer-Klänge und die Stimmen der ENIGMA-Familie machen aus dieser Scheibe ein akustisches Hörvergnügen, das zu keiner Zeit langweilig wird.
Diese CD darf in keiner Plattensammlung fehlen, denn wieder zeigt uns Meister Cretu, wie man "alte Musik" intelligent in einen neuen Sound kleidet, ohne dazu mangels Ideen irgendwelche Hip-Hop-Gesänge dazuklatschen zu müssen. Die neue ENIGMA ist knapp 44 Minuten "Happy-Mucke" im besten Sinne und eignet sich grandios zum Fahren auf der Autobahn - aber nur, wenn diese frei ist!

Pascal May