In diesem Jahr jährt sich die Mondlandung zum 50. Mal. Schon verwunderlich, dass dieses weltbewegende Ereignis insbesondere im Kino wenig Beachtung findet. Immerhin kam im vergangenen Jahr die Geschichte von Neil Armstrong, dem ersten Menschen auf dem Mond, in die Kinos, der auch auf einigen großen Festivals gezeigt wurde. Nun liegt "Aufbruch zum Mond" für das Heimkino auf BluRay und DVD vor.
Neil Armstrong, studierter Luft- und Raumfahrttechniker, arbeitet zu Beginn der 1960er Jahre als Testpilot. Mit dem raketengetriebenen Experimentalflugzeug X-15 verlässt er bei einem Testflug die Erdatmosphäre und schafft beinahe nicht mehr, zur Erde zurück zu kommen. Letztendlich gelingt ihm doch noch die Landung in der kalifornischen Mojave-Wüste. Nach diesem Vorfall, bei dem er bewiesen hat, dass er ein überdurchschnittlicher Pilot ist, wird er durch Zufall auf eine Ausschreibung der NASA aufmerksam und bewirbt sich für das Gemini-Projekt, das zweite bemannte Raumfahrtprogramm der USA. Nachdem er dafür ausgewählt wurde und seine gerade einmal zweijährige Tochter an einem Hirntumor gestorben ist, zieht Armstrong mit Frau und zwei weiteren Kindern nach Houston, wo sie Teil der großen Raumfahrer-Familie werden. Der Wettlauf zwischen den USA und der Sowjetunion um die erste Landung auf dem Mond ist in vollem Gange, vor allem nachdem US-Präsident John F. Kennedy in einer Rede voraussagte, dass bis zum Ende des Jahrzehnts Menschen auf dem Mond landen werden. Immer wieder scheint es, dass die NASA in ihren Bemühungen von den Russen abgehängt werden. Nach zahlreichen Rückschlägen und Toten in den Reihen der Astronauten übernimmt Armstrong das Kommando über die Gemini-8 Mission, bei der die Kapsel an eine Rakete andocken soll, die glückt. Neil Armstrong bereitet sich danach intensiv auf die Apollo-Mission vor, die ihn zum Mond führen soll. Begleitet werden diese Vorbereitungen durch unzählige Proteste in den USA gegen die viel zu teure Raumfahrt undn den geringen Nutzen für die Einwohner. Am Ende gelingt der Apollo 11-Besatzung die sichere Landung auf dem Mond und ebenso die Rückkehr zurück zur Erde.
Der Film liegt auf BluRay in der englischen und deutschen Sprachfassung (Dolby Atmos) vor. An Bonus-Material finden sich neben unveröffentlichten Szenen und einem Kommentar von Regisseur, Drehbuchautor und Cutter auch die Featurettes "Der Griff nach dem Mond", "Bereitmachen zum Start", "Ein gewaltiger Sprung in einem kleinen Schritt", "Eine schiefgegangene Mission", "Im Sitz sitzen", "Die Nachbildung der Mondlandung", "Der Dreh bei der NASA" sowie "Astronauten-Training". Darüber hinaus gibt es auf einer Bonus-DVD die Specials "Der Preis der Erkundung", "Die NASA rückentwickelt", "Miniatur-Raketen" und "Der Weltall-Club".
Bereits als angekündigt wurde, dass ein Film über das bewegte Leben von Neil Armstrong gedreht werden sollte, war die Aufregung wie auch die Vorfreude groß. Dass ausgerechnet Damien Chazelle Regie führen würde, der zuvor für seine beiden Filme "Whiplash" und "La La Land" mehrfach international ausgezeichnet wurde, sorgte anfangs für Irritationen. Erstmals hat Chazelle das Drehbuch zu einem seiner Filme nicht selbst geschrieben, denn es basiert auf der Biographie "First Man - Neil Armstrong: Der erste Mensch auf dem Mond" des Historikers James R. Hansen. Für den Film aufbereitet wurde die Geschichte durch Josh Singer, der für sein Drehbuch zu "Spotlight" mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Die Bildgestaltung übernahm der Oscar-prämierte Kameramann Linus Sandgren, den Filmschnitt übernahm Oscar-Preisträger Tom Cross.
Chazelle legt sein Hauptaugenmerk auf Neil Armstrong und dessen Familie, auf die Vorbereitung der Astronauten, ihre Entbehrungen und Verluste und die Stimmung im durch den Vietnam-Krieg gebeutelten Land. Die Mond-Landung tritt dabei eher in den Hintergrund und wird auch nur sehr kurz, wie auch die Rückkehr der drei Raumfahrt-Helden, gezeigt. Hier hätte es noch genügend weiteren Stoff zu erzählen gegeben.
Besetzt wurden die Hauptrollen mit bekannten Namen. Allen voran verkörpert der Golden Globe-Preisträger Ryan Gosling den Astronauten Neil Armstrong und die mehrfach preisgekrönte Schauspielerin Claire Foy dessen Ehefrau Janet. Weitere Rollen haben Pablo Schreiber, Corey Stoll, Jason Clarke, Kyle Chandler und Patrick Fugit übernommen.
Regisseur und Produzent Damien Chazelle lässt sich mit dem Erzählen der Armstrong-Geschichte sehr viel Zeit, insbesondere in der ersten Hälfte des Films. In den ersten 15 Minuten kommt überhaupt keine Musik vor, danach auch nur sehr sparsam. Er zieht es vor, Geräuschen aus der Raumfahrt, dem Umlegen von Schaltern, Atemgeräusche oder auch absolute Stille der Musik Vorrang zu geben, was mitunter die Zuschauer irritieren kann, wenn zwar auf dem Bild viel passiert, aber nichts zu hören ist. Bei wilden Bildern aus dem Simulator oder vom Flug der Kapsel, wird das Bild derart durchgerüttelt, dass die Schwindelgefühle der Astronauten direkt auf die Zuschauer übertragen werden.
Ryan Gosling überzeugt in seiner gewohnt eindimensionalen Spielweise mit seinem typisch ausdruckslosen Gesicht nicht wirklich, hier hätte man sich mehr Emotionen gewünscht, zumal diese Geschichte voll davon ist. Da hilft es auch nicht, dass Gosling seine Rolle so angelegt hat, dass er reduziert spiele, um die eiserne Disziplin und Selbstbeherrschung eines Astronauten zu zeigen, der alles, auch seine Familie, zur Erfüllung seiner Aufgaben und seiner Mission unterordnet. Dazu zieht es Regisseur Chazelle vor, die ganze Raumfahrt-Geschichte sehr sachlich, technisch unterkühlt und faktenreich zu erzählen. Claire Foy bleibt nur die Rolle der Stichwortgeberin und kann ihre Rolle nicht wirklich annehmen, bleibt daher nur blass.
Kommt es dann endlich zur Apollo 11-Mission und dem Setzen des ersten Fußabdrucks auf dem Mond durch Neil Armstrong, ist der Film auch recht schnell vorbei, als sei dieser weltbewegende Moment eher eine Nebensache gewesen. Immerhin darf Armstrong seinen weltberühmten Satz aufsagen. Die US-Flagge auf dem Mond wird bei dieser Gelegenheit auch gleich komplett ausgespart. Auch lässt "Aufbruch zum Mond" die Ereignisse nach der glücklichen Rückkehr der Raumfahrer zur Erde komplett weg, in den letzten Minuten des Films gibt es folglich nicht einmal mehr Text.
Aufgeworfene Fragen bleiben unbeantwortet, unter anderem, ob es moralisch angezeigt ist, dem ehrgeizigen Ziel einer Nation in einem sehr kostenintensiven Wettlauf die Bedürfnisse einer Nation unterzuordnen, die Sorge ums blanke Überleben hat.
Gezeigt wurde "First Man", wie der Film im Original heißt, erstmals bei den Filmfestspielen von Venedig, vor seinem Kinostart lief der Streifen dann noch bei den Festivals von Toronto und Zürich. Daher kann man hier von einem typischen Festival-Film sprechen, dem man mehr verzeiht, als man es bei anderen Produktionen tun würde. Dennoch gelingt es dem Film nicht, ein breites Publikum zu erreichen, geschweige denn zu begeistern, und so gab es auch nur ein sehr verhaltenes Einspielergebnis an den internationalen Kinokassen. Der Film hat trotz zahlreicher Nominierungen kaum Preise für sich gewinnen können, selbst bei den Oscars konnte er sich lediglich in der Kategorie "Beste visuelle Effekte" durchsetzen.
Wer sich unter "Aufbruch zum Mond" eine emotionale Verfilmung dieser außergewöhnlichen Biographie des ersten Menschen auf dem Mond erhofft, wird hier enttäuscht. Die Emotionen, die man aus dem Raumfahrt-Drama "Apollo 13" kennt, kommen hier nur sehr dosiert vor. Fans der Raumfahrt, der NASA und deren Mond-Missionen werden aufgrund der vielen technischen Details und der ausführlichen Erzählweise ihre Freude an diesem Streifen haben. Die hätte man aber nicht unbedingt in einen fast zweieinhalbstündigen Spielfilm packen müssen, in einem Dokumentarfilm wären die besser aufgehoben gewesen.
USA 2018, 141 Minuten
mit Ryan Gosling, Claire Foy