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Madame Christine und ihre unerwarteten Gäste

In den 1970er und 80er Jahren kam das Kino kaum ohne französische Filme aus. Insbesondere Komödien mit Louis de Funès, Pierre Richard und Jean-Paul Belmondo waren der große Renner. Diese Begeisterung hat in den vergangen Jahren dramatisch abgenommen, einzig die beiden Kassenhits "Willkommen bei den Sch'tis" und "Ziemlich beste Freunde" konnten deutsche Filmfans in die Kinos locken. Französische Kassenrenner sind keine Garantie mehr für Erfolge in Deutschland. So kommt es immer häufiger vor, dass französische Produktionen im Kino fast unbemerkt bleiben oder direkt für das Heimkino veröffentlicht werden. Ein aktuelles Beispiel aus dieser Reihe stellt "Madame Christine und ihre unerwarteten Gäste" dar, der nun auf DVD und BluRay erschienen ist.

Es herrscht strenger Winter in Paris. Da Wohnraum in der französischen Hauptstadt kaum noch erschwinglich ist, greift die Regierung zu drastischen Maßnahmen. Wer über großzügigen Wohnraum verfügt, muss zusätzliche Bewohner aufnehmen, die durch die Stadt zugewiesen werden. Die bürgerliche Familie Dubreuil bewohnt zu dritt eine 300 Quadratmeter große Wohnung. Im selben Gebäude wohnt Familie Bretzel, bekennende Sozialisten, die es sich zu dritt auf immerhin noch 200 Quadratmetern gut gehen lässt. Beide Familien, von denen jeweils mindestens ein Erwachsener nicht wirklich etwas arbeitet, setzen alle Hebel in Bewegung, um keine Fremden aufnehmen zu müssen. Vater Dubreuil holt selbst nach drei Jahren seine Mutter aus dem Altenheim zurück, um die Statistik zu seinen Gunsten aufzubessern, die farbige Haushälterin wird auch gleich Teil der neuen Wohngemeinschaft. Familie Bretzel nimmt widerwillig eine farbige Frau mit Kind auf. Einzig der Nachbar Michel, ein einsamer Rentner, freut sich auf neue Gesellschaft und öffnet seine Türen für Fremde, denen er gerne ein neuen Zuhause gibt, um nicht mehr alleine zu sein. Und dann gibt es da noch die findige Hausmeisterin, die aus dem ganzen Elend Kapital zu schlagen versucht.

Der Film liegt auf DVD in der deutschen und französischen Sprachfassung (Dolby Digital 5.1) vor. An Extras finden sich lediglich vier entfallene Szenen und der Kinotrailer, das war's auch schon.

Geschrieben und realisiert wurde "Madame Christine und ihre unerwarteten Gäste" von Alexandra Leclère, die hiermit erst ihren vierten Spielfilm vorlegt. Für Aufsehen sorgte ihr Erstlingsfilm "Zwei ungleiche Schwestern", eine dramatische Komödie, als sie neben der Komödiantin Catherine Frot auch Isabelle Huppert besetzte.
Die Hauptrollen übernehmen die in französischen Komödien besonders routinierten Karin Viard, Didier Bourdon, Valérie Bonneton, Michel Vuillermoz, Firmine Richard oder Patrick Chesnais.

Als Komödie zu Weihnachten 2015 in Frankreich in den Kinos gestartet, ist "Madame Christine und ihre unerwarteten Gäste" nun in Deutschland angekommen. Wer nun einen Film erwartet, der sich durch Leichtigkeit und Witz auszeichnet, wird hier jedoch enttäuscht, denn zu sehr hebt die Drehbuchautorin und Regisseurin den Finger, um auf Ungerechtigkeiten im System der französischen Politik unter dem ehemaligen Präsidenten Hollande hinzuweisen. Ausländerfeindlichkeit, unerschwingliche Mietpreise in den Metropolen, ungerechte Bezahlung bei unzumutbaren Arbeitsbedingungen und die Vereinsamung in den großen Städten werden ebenso thematisiert wie auch das Durchmogeln gegenüber Staat und Gesellschaft. Einfach zuviel, um daraus einen lustigen Film machen zu können, und so endet dieser Streifen eher als sozialkritisches Drama denn als Komödie.

So kommen in den 98 Minuten trotz einiger geschliffener Dialoge durchaus einige Längen auf, wenn sich die Geschichten um die Protagonisten immer wieder im Kreis drehen, und die gelebte und gefeierte Solidarität spätestens mit der Schneeschmelze im Frühling schwindet. Schade, denn Thema wie auch die herausragende Besetzung hätten einen vergnüglichen Filmabend bescheren können.

Pascal May