Die Oscar-Verleihung ist vorbei und hat vor allem bei den Nominierungen für einige Überraschungen gesorgt. Eine davon war, dass erstmals eine deutsche Produktion in der Kategorie "Bester Film" nominiert war und am Ende gar vier Trophäen mit nach Hause nahm. Gewonnen und gleich sieben Oscars abgeräumt hat ausgerechnet ein Film aus einem Multiversum. Eine weitere Überraschung war die Nominierung von "Triangle Of Sadness" des schwedischen Regisseurs Ruben Östlund, der die großen Preise bei den letztjährigen Filmfestspielen in Cannes bekommen hat. Nun liegt letzterer auch für das deutsche Heimkino auf BluRay und DVD vor.
Ist es heutzutage für eine Frau in Ordnung, sich vor der Rechnung in einem Restaurant zu drücken, wenn sie in männlicher Begleitung ist, vor allem, wenn sie mehr verdient als der Mann? Darum geht es in der ausführlichen Diskussion zwischen Model Carl und der Influencerin Yaya, die aber zu keinem Ergebnis kommt. Dieses Paar wird auf eine Yacht eingeladen, ein paar Tage im Mittelmeer in größtem Luxus zu verbringen. Dort treffen sie auf einige schrullige, neureiche Menschen, wie dem Milliardär, der sein Geld "mit Scheiße" verdient, der von seiner Frau Vera und seiner Geliebten begleitet wird. Oder das britische Ehepaar, das seinen Reichtum dem Waffenhandel zu verdanken hat. Chief Steward Paula hat alle Hände voll zu tun, den Service an Bord auf höchstem Niveau zu halten, vor allem, nachdem sich der Kapitän seit Tagen in seiner Kabine eingeschlossen hat. Erst zum Kapitänsdinner lässt er sich erweichen und zeigt sich seinen neureichen Gästen. Beim Dinner kommt ein heftiges Gewitter auf, das fast alle Passagiere seekrank werden lässt. Am nächsten Tag überfallen Piraten das Schiff, es kommt zu einer Explosion und nur wenige der Passagiere schaffen es auf eine Insel, wo sie schnell feststellen müssen, dass sie mit allem Überfluss nicht weiter kommen, und in dieser Situation ihr Geld auch nicht mehr hilft.
Der Film ist auf BluRay in der deutschen (DTS-HD MA 5.1) und englischen Sprachfassung (Dolby Atmos) verfügbar. An Extras sind Interviews mit Besetzung und Regisseur Ruben Östlund zu finden.
Was soll, was will "Triangle Of Sadness" (wieso kein deutscher Titel?) sein? Gemäß seiner Beschreibung soll es sich hier um eine satirische Tragikomödie handeln, doch ist es schwer, etwas davon zu erkennen.
Der oscarnominierte Regisseur Ruben Östlund, der auch das oscarnominierte Drehbuch geschrieben hat, lässt in seinem 147 Minuten langen Film Platz für Längen jeder Art. Das beginnt schon mit der Diskussion zwischen Carl und Yaya, wer die Rechnung im Restaurant zahlen soll. An anderer Stelle gibt es einen sehr ausführlichen Diskurs zwischen dem marxistischen Kapitän der Luxus-Yacht und dem neureichen osteuropäischen Düngemittelhersteller, wenn sie sich ihre Lieblingszitate um die Ohren hauen. Auch die Seekrankheit der Passagiere wird sehr ausführlich dargestellt, wobei zu reichlich Fäkalhumor gegriffen wird, der hier weder witzig noch passend erscheint.
Wieso es unbedingt Woody Harrelson in der Rolle des ständig betrunkenen Kapitäns bedurft hat, wird nicht ersichtlich, und auch die Rolle von Sunnyi Melles als Milliardärsgattin Vera und Iris Berben als Therese, Opfer eines Schlaganfalls, bringen den Film nicht voran. Insbesondere Iris bleibt aufgrund ihrer Rolle sehr limitiert, wobei nicht erklärbar ist, wieso sie ab und zu von ihrem Standard-Text abweicht und eine halbwegs normale Unterhaltung schafft, und aus welchen Gründen mal der linke und mal der rechte Arm gelähmt ist. Vicky Berlin als überforderter Chief Steward tut einem durchgehend leid, all die vielen fleißigen Arbeiterinnen und Arbeiter unter Deck kommen überhaupt nicht zur Geltung, und als Vera beschließt, die Rollen mit den Angestellten zu tauschen, kommt nur Fremdscham auf. Die Rollen von Carl, Yaya und Dimitri bleiben durchgehend blass, einzig Dolly de Leon als Putzfrau Abigail bringt etwas Fahrt in die Handlung, die sich dann aber schon wieder dem Ende zuneigt.
Die europäische Co-Produktion "Triangle Of Sadness", der Titel ist eigentlich ein Ausdruck aus der Schönheitschirurgie, hat einen langen Weg durch die Filmfestivals der Welt hinter sich, und wurde immer wieder groß gefeiert. Höhepunkt waren die schwedischen und europäischen Filmpreise, bei denen der Film zuhauf bedacht wurde, aber auch die Filmfestspiele in Cannes, wo der Streifen mit der "Goldenen Palme" bedacht wurde. Bei allen anderen Preisverleihungen blieb es bei Nominierungen, so auch bei der diesjährigen Oscar-Verleihung, wo der Film in den Kategorien "Bester Film", "Beste Regie" und "Bestes Originaldrehbuch" nominiert war, aber letzten Endes leer ausging.
Ganz sicher ist "Triangle Of Sadness" kein einfacher Film, mit dem man sich einen schönen Samstagabend bei Bier und Chips machen kann. Im Bereich der Komödien lässt sich der Film auch nicht verorten, denn dazu stimmt weder das Timing noch gibt es witzige Dialoge. Bleibt das Drama, in dem die Tragik der handelnden reichen Personen besonders beschrieben wird, aber auch ihre Grenzen, ebenso wie die Möglichkeit des Aufstiegs der sozial Schwachen, die mit den Fähigkeiten ausgestattet sind, für die sich die Neureichen längst nicht mehr interessieren. Nennen wir den Film eine viel zu lang geratene Gesellschaftskritik, die nicht sehr unterhaltsam ist. Schade.
S, D, F, UK, 147 Minuten
mit Dolly De Leon, Charlbi Dean Kriek, Vicki Berlin, Sunnyi Melles