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The Secrets We Keep - Schatten der Vergangenheit

Vor allem verbindet der geneigte Kinogänger die schwedische Schauspielerin Noomi Rapace mit Action-Filmen, legendär ist ihre Darstellung der Lisbeth Salander in der Millennium-Trilogie. Und auch Joel Kinnaman kennt man vornehmlich aus Krimis und Action-Filmen, wie auch aus den TV-Serien "The Killing", "House Of Cards" und "Hanna". Dass beide einmal gemeinsam für ein hochemotionales Drama vor der Kamera stehen würden, damit hätte wohl kaum jemand gerechnet.

Die Bulgarin Maja hat ihren Mann Lewis, ein amerikanischer Arzt, im Nachkriegs-Griechenland kennengerlernt. Zusammen sind die in die USA gezogen, haben geheiratet, ihren Sohn Patrick bekommen, und sich ein neues Leben in einem heimeligen Vorort aufgebaut. Dort steht eine Raffinerie, für deren Mitarbeiter Lewis die regelmäßigen Untersuchungen durchführt. Ihr Leben verläuft glücklich, bis Maja einen Mann sieht, der die Erinnerung an ihre Vergangenheit in Europa wieder erweckt. All die Jahre hat sie versucht, alles hinter sich zu lassen, all die grausamen Erinnerungen zu vergraben, doch plötzlich ist alles wieder da. Ihr Mann weiß nichts davon, er weiß kaum etwas von ihrem Leben, bevor sie sich kennengelernt haben. Und nun ist der Fremde in ihrer Stadt. Maja ist überzeugt, in dem Fremden ihren früheren Peiniger der deutschen Wehrmacht wiederzuerkennen und beschließt kurzerhand, Rache zu üben für das, was er ihr und ihrer Familie angetan hat. Sie entführt den Mann und hält ihn im Keller ihres Hauses gefangen, um ihn zu einem Geständnis zu zwingen. Er beteuert seine Unschuld, wiederholt immer wieder, dass er Schweizer sei, der den Krieg gar nicht miterlebt hat, doch Maja ist sich ganz sicher. Aber was, wenn der Mann nun doch Recht haben sollte und sie einen Unschuldigen gefangenhält?

Der Film liegt auf BluRay in der deutschen und der englischen Sprachfassung (DTS-HD MA 5.1) vor. Extras gibt es keine.

Wieder ein Weltkriegs-Drama, mag so mancher denken, doch "The Secrets We Keep - Schatten der Vergangenheit" (wieso nicht einfach nur "Schatten der Vergangenheit"?) erzählt vor allem aus der Sicht des Opfers.
In den ersten 15 Minuten des Films ist überhaupt nicht klar, wohin die Story gehen soll. Eine Frau, die eben noch mit ihrem Sohn im Park war und viel zu viel raucht, rennt halb verwirrt einem Fremden hinterher. Niemand außer ihr kennt ihr Geheimnis. Erst nach und nach und immer wieder in kleinen Bruchstücken werden Film-Ehemann und Zuschauer in ihre Vergangenheit eingeweiht, vor allem aber, in die Geheimnisse, die sie mit diesem Fremden verbindet. Ihr Ehemann Lewis ist zunächst auf der Seite des Fremden und möchte die Rachegefühle seiner Frau zügeln, was ihm aber nicht gelingt. So ist vor allem der Zweikampf zwischen gepeinigter Frau und ihrem Peiniger zu sehen. Perfide wird es, als sie Kontakt zur Frau des Fremden sucht, um mehr über dessen Vergangenheit herauszufinden, und sich mit ihr anfreundet.
Insbesondere Noomi Rapace spielt sich richtig in Rage, und so nimmt man ihr die misshandelte Maja jederzeit ab. Joel Kinnaman muss vor allem einstecken, kann also sein Schauspiel nur begrenzt zur Geltung bringen, doch dieser Zweikampf trägt den Film über die 97 Minuten Dauer.
Bei all der Energie, die zwischen den beiden herausragenden Mimen frei wird, kommen alle anderen Rollen kaum zur Geltung, und so bleiben Majas Mann und die Frau des Fremden nur Stichwortgeber, die Majas Spur nur festigen.

"The Secrets We Keep - Schatten der Vergangenheit" ist ein ganz besonderes Drama, hochemotional, gewaltsam und aufwühlend, und allein deswegen schon sehenswert. Aber der Film zeigt auch einen fast vergessenen Teil der Gräuel des Zweiten Weltkriegs, der kaum bekannt ist, aber ebenso zur Vergangenheitsbewältigung gehört.

Diese schwere Unterhaltung eignet sich nicht für einen Pärchen-Abend bei Popcorn und Prosecco, hier bekommt man ein beinhartes Drama serviert, das sich zu sehen lohnt!

Pascal May